News zu Publikationen

Musik ist durch die Corona-Pandemie systemrelevanter als zuvor
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Die Einschränkungen der COVID19-Pandemie wirken sich auf annähernd ein Drittel der Kinder und Jugendlichen psychopathologisch aus. Demgegenüber kann künstlerischer Unterricht – innerhalb wie außerhalb der Schule – Ich-Identität, affektive Selbstregulation, Sozialkommunikation u.a. günstig beeinflussen. Kooperationen mit künstlerischen Therapien könnten neue musik-, kunst- und bewegungspädagogische Modelle optimieren, empfiehlt Professor DDDr. Wolfgang Mastnak in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Musik-, Tanz- und Kunsttherapie“.

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Emotionsfokussierte Kunsttherapie: Wer nicht fühlen mag, soll malen

Emotionsfokussierte Psychotherapie lässt sich gut in der Kunsttherapie vertiefen und verstärken. Dr. Alexandra Daszkowski erläutert ihre positiven Erfahrungen beispielhaft in „Musik-, Tanz- & Kunsttherapie“:

„Kunsttherapeutische Bilder illustrieren Emotionen und ihre Veränderungsprozesse in sehr persönlicher Weise.“ Sind Emotionen gestaltet, werden sie sichtbar. KlientInnen können sich distanzieren oder sich annähern. „Der kunsttherapeutische Prozess ermöglicht das probeweise Zulassen sowohl der unangenehmen als auch der angenehmen Emotionen, die in ihm gebannt, gewandelt oder ausprobiert werden können. Er lädt dazu ein, emotionale Ambivalenz bzw. Ambiguität auf Bildebene auszuhandeln, und lässt dabei erkennen, wie vermeintlich Widersprüchliches ´trotzdem´ zusammengehört, indem die Komplexität von Emotionen im Verlauf zunächst visuell, dann auch verbal (im Gespräch mit der Therapeutin) erfassbar werden. In der Kunsttherapie werden Emotionen durch die Verbindung visueller, mentaler und handelnder Erfahrung im Erleben präsent und schließlich im Selbstbild integrierbar.“

Heutige Konzepte von Emotionen betoßen zielführende Handlungen an und ermöglichen in der sozialen Gemeinschaft eine bedürfnisorientierte Kommunikation. Für alle diese Anpassungsprozesse sind negative wie positive Emotionen gleichermaßen bedeutsam …“

Literatur zum Thema
Alexandra Daszkowski: Wenn Gefühle Farben formen: Kunsttherapie und emotionsfokussierte Psychotherapie.
In: Musik-, Tanz & Kunsttherapie 2/2021, S. 212-225

Musik stärkt Resilienz in der Coronakrise

02.08.2021 Neben den unmittelbaren Gesundheitsrisiken der Covid-19-Pandemie erzeugen vor allem die damit verbundenen Eindämmungsmaßnahmen eine Vielzahl weiterer Stressfaktoren, die das individuelle und kollektive Wohlergehen beeinträchtigen können. Ein internationales Forschungsprojekt unter Beteiligung des Frankfurter Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik hat nun untersucht, ob der Umgang mit Musik eine wirksame Strategie für die sozio-emotionale Bewältigung eines Lockdowns ist.

In sechs Ländern aus drei Kontinenten wurden während des ersten Lockdowns von April bis Mai 2020 demografisch repräsentative Stichproben erhoben: Über 5000 Personen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Italien und den USA beantworteten in einer Online-Studie Fragen zu ihrem Umgang mit Musik während der Krise. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, Musik zur Bewältigung emotionaler und sozialer Stressfakto mehr unterstützt die Musik bei der Bewältigung.

Diese Erkenntnis unterstreicht die Bedeutung kreativer Echtzeitreaktionen in Krisenzeiten: Coronamusik bietet die Gelegenheit, kollektiv auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen zu reagieren und stärkt damit die Widerstandsfähigkeit des Einzelnen und der Gemeinschaft. Dies ist ein wesentlicher Aspekt, auch hinsichtlich der gesellschaftlichen Debatte über die „Systemrelevanz“ von Musik und Kultur.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik
Prof. Dr. Melanie Wald-Fuhrmann
sek.musik@ae.mpg.de

Originalpublikation: Fink, L.K., Warrenburg, L. A., Howlin, C., Randall, W. M., Hansen, N. C., & Wald-Fuhrmann, M. (2021). Viral Tunes: changes in musical behaviours and interest in coronamusic predict socio-emotional coping during COVID-19 lockdown. Humanities and Social Sciences Communications 8:180. https://doi.org/10.1057/s41599-021-00858-y

Literatur zumThema in: Zeitschrift Musik-, Tanz- & Kunstherapie

Positive Wirkungen von begleitender Musiktherapie bei Operationen

Ein interdisziplinäres Team unter Beteiligung von Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) hat untersucht, welche Wirkung eine Musikbegleittherapie auf die psychische Situation von Frauen hat, die sich aufgrund einer folgenden Chemotherapie einer Portkatheder-Operation unterziehen müssen. In der Zeitschrift Scientific Reports beschreiben sie, dass die Patientinnen von der Musiktherapie profitieren.


Portkatheder werden häufig gesetzt, wenn Tumorpatienten zum Beispiel nach einer Brustkrebs-OP eine nachfolgende Chemotherapie benötigen. Über diese unter der Haut sitzenden Implantate können sehr sicher und für die Betroffenen möglichst wenig belastend die notwendigen Medikamente verabreicht werden, ohne dass für jede Behandlung ein neuer Venenkatheter gelegt werden muss.

Diese Implantate werden in einer kurzen Operation zumeist in Lokalanästhesie eingesetzt. Dennoch kann ein solcher Eingriff, verbunden mit den Bedenken über die folgende Chemotherapie, bei den Betroffenen Angst und Stress auslösen. Ein Team von Psychologinnen, Psychologen, Medizinerinnen und Medizinern der HHU, dem Universitätsklinikum Düsseldorf, der Ruhr-Universität Bochum und dem Universitätsklinikum Augsburg hat nun untersucht, ob diese negativen psychischen Effekte durch eine begleitende Musiktherapie reduziert werden können. Die Studienleitung hatte Dr. Nora Schaal vom Institut für Experimentelle Psychologie der HHU gemeinsam mit Dr. Philip Hepp von der Universitätsfrauenklinik Augsburg.

Die negativen psychischen Begleiterscheinungen können die OP selbst oder die spätere Genesung erschweren. Da aber konventionelle pharmakologische Behandlungsmethoden mit weiteren Nebenwirkungen und Risiken verbunden sein können, sucht die Forschung nach alternativen Behandlungsarten. Um Angst und Stress zu senken, schien eine intraoperative Musiktherapie während der Implantation erfolgsversprechend.

Das Team untersuchte diese Hypothese im Rahmen einer einfach verblindeten Studie bei gynäkologischen Onkologiepatientinnen. Vor, während und nach dem Eingriff nahmen sie subjektive und objektive Angst- und Stressparameter ab. Einer Hälfte der insgesamt 84 Studienteilnehmerinnen wurde während der OP via Kopfhörer ein Musikprogramm vorgespielt – wobei die Patientinnen zwischen Klassik, Jazz, Meditation und Lounge wählen konnten. Die Kontrollgruppe trug ebenfalls Kopfhörer ohne Musikeinspielung, so dass das medizinische Personal nicht über die Gruppenzuordnung Bescheid wusste.

Die Musik wirkte positiv auf stressassoziierte, physiologische Parameter wie den Blutdruck oder die Herzfrequenz und reduzierte tendenziell auch die Menge des ausgeschütteten Stresshormons Cortisol. Dazu Dr. Schaal: „Eine OP-begleitende Musiktherapie wirkt sich positiv auf das Stresslevel der Patientinnen aus und steigert damit ihr Wohlbefinden. Mit diesem einfachen und kostengünstigen Ansatz könnte, zumindest bei einfachen Eingriffen, die Menge an benötigten Sedativa und Analgetika verringert werden.“
Pressemitteilung: https://idw-online.de/de/news764950
Literatur zum Thema und Weitere Informationen

Musiktherapie ohne Ablenkung: Der Weg und das Ziel sind der heilsame Flow

Lässt sich Musiktherapie durch bildnerische Elemente verstärken, vertiefen oder auch nur ergänzen? Professor Dr. Dr. Karl Hörmann, Pianist und Therapeut, warnt: nein. Mit einer fundamentalen Analyse vertieft er die Begründung in seinem Beitrag in der Fachzeitschrift Musik-, Tanz- und Kunsttherapie (2/20): „In Anlehnung an Tolstois Sinn von Kunst muss für Erlebnisvertiefung und Entfaltung von Flow viel Zeit gelassen und somit in der Musiktherapie auf jede Ablenkung wie Bilder und Reden verzichtet werden.“ Hörmann zitiert eine Pointe des Physikers und Violinisten Albert Einstein: „Musizieren, lieben, Maul halten.“

„Musik und Malen regen in der Psychotherapie zur Konzentration auf objekt- oder subjektbezogenes Assoziieren und zu nonverbaler Gestaltung an. Sowohl ein empathisches Ergriffenwerden und Verstehen der Musik- bzw. der Bildstruktur als auch die Entfaltung der Wirkungspotentiale schließen jegliche Ablenkung aus. Diese Erfahrung hat die Hirnforschung bestätigt.“

„Hinsichtlich der Verwendung des musikalischen Wirkungspotentials in der Musiktherapie erscheint es unabdingbar notwendig, wenigstens die Schichten Flüssigen Denkens und die Zeichen musikalischer Wirkung zu kennen. Eine Musik kann erst dann ihr immanentes Wirkungspotential entfalten, wenn musiktherapeutisch Tätige sie so auszuwählen und einzusetzen verstehen, dass sie jenen Flow ermöglicht, den E. J. Speckmann Kunstempfindung nennt …“ Daher „muss in der Musiktherapie die Musik selbst Priorität haben und im Ritual der Therapiestunden der Musik der gesamte Raum (in beiderlei Sinn von Zeit und Raum) zukommen.“ Künstlerisches Tun hält Hörmann per se für heilsam – und „ständiges Zerreden“ für störend.

Als Musiker mit reichlich Konzerterfahrung gelingt es Hörmann, in der Musik aufzugehen und sozusagen in einer Art Depersonalisation staunend zu erleben, wie das Finger- und Handgedächtnis stets sicher ausführt und zelebriert, was in unzähligen Stunden trainiert wurde. „Niemals war mir in meiner Konzentration auf die gespielte Musik ein Bild oder irgendeine außermusikalische Vorstellung in den Sinn gekommen …“

 Literatur zum Thema: Fachzeitschrift: Musik-, Tanz- & Kunsttherapie 2/2020